Besuch im Pakistan Projekt 2024
Englischunterricht für die Kinder der vierten Klasse der Friedenskinder-Schule im pakistanischen Mahey. „Crossing the street“ ist das Thema. Was muss ich an der Ampel beachten? Das Dorf nahe der Grenze zu Kashmir hat keine Ampel, die meisten der Kinder haben auch noch nie eine gesehen. „Ist aber wichtig“, erklärt Arif Minhas, örtlicher Projektleiter der Schule, „wir wollen den Kindern modernes Leben vermitteln.
Mehr als die Hälfte der aktuell 136 Kinder an der Schule sind Mädchen. So erfreulich die Zahl klingt, bereitet sie Minhas aber auch Sorge: „Die wenigsten Mädchen haben nach dem Abschluß unserer Grundschule die Möglichkeit, eine weiterführende Schule zu besuchen“. Nur fünf Schülerinnen an der Mädchen-Highschool in Hazara Mughlan kommen aus Mahey.
Vielen Eltern ist der rund fünf Kilometer lange Schulweg zu gefährlich, ausserdem fehlt das Geld für Schuluniformen und Lernmittel.
Die anderen Mädchen bleiben zu Hause und warten auf eine oftmals frühe Hochzeit. 3,6% heiraten bereits mit 15, 18,3% mit 18 Jahren.
Die Eltern wünschen sich bessere Bildungschancen für ihre Töchter. Bei einem der monatlich stattfindenden Elternsprechtage äussert eine Mutter den Wunsch nach einer Mädchen-Highschool in Mahey.
Das führte zu der Überlegung, auf das Schulgebäude, das früher mal ein Ladenlokal war, um eine Etage aufzustocken. Technisch ist das machbar und wurde einst schon beim Bau so vorgesehen.
In der letzten Vorstandssitzung haben die Friedenskinder beschlossen, das Projekt umzusetzen, da es in der Region einen wesentlichen Beitrag zur Chancengleichheit von Mädchen leistet. Bau und Ausstattung werden rund 20.000 Euro kosten.
Dafür sollen fünf Räume entstehen, darunter ein Computerraum, der ähnlich wie an den meisten Schulen in der Umgebung mit second-hand-Technik bestückt werden soll.
IT ist einer der Schwerpunkte des Lehrplans. In Pakistan finden junge Frauen inzwischen Jobs in Büros oder Banken. Aber nicht nur dort. Inzwischen arbeiten hier viele Frauen bei der Polizei und dem Militär.
Polizistin Hajira Javed kontrolliert die Ausweise einer Gruppe von Männern. Sie hat nach ihrem College-Abschluss bei der örtlichen Polizeibehörde angefangen. Die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg von Frauen im Berufsleben sieht sie in einer fundierten Ausbildung.
Die Highschools der Umgebung loben die Schüler der Friedenskinder-Schule. Iftkhar Ahmed, Direktor der staatlichen Highschool für Jungs in Hazara Murghlan, lobt den exzellenten Bildungsstand der Absolventen und die hohe Qualifikation der Lehrerinnen.
Die Schule in Mahey soll mehr sein als eine reine Grundschule. In sechs Klassen, Nursery, Prep und den Klassen eins bis vier werden Kinder unterrichtet, deren Eltern den Besuch einer staatlichen Schule nicht finanzieren könnten.
Gleichzeitig bildet die Schule auch den sozialen Mittelpunkt
des kleinen Dorfes. Alle neun Lehrerinnen haben eine Ausbildung in Erster Hilfe
absolviert. Somit ist die Schule das, was man bei uns als Stützpunkt für first
responder bezeichnen würde.
Der einzige Krankenwagen weit und
breit ist in der Kreisstadt Kariamwala
stationiert und braucht mindestens 20 Minuten, bis er vor Ort ist. In der
Zwischenzeit übernimmt das Personal der Schule die Erstversorgung. Das wird
auch regelmäßig gemeinsam mit dem staatlichen Rettungsdienst geübt.
Für viele Dorfbewohner ist der Zugang zu den spärlichen staatlichen Sozialleistungen schwierig. Arif Minhas organisiert regelmäßige Busfahrten zur Behörde und meldet die Frauen vorher an, damit die Anträge zügig bearbeitet werden.
„Mit den verbesserten Bildungschancen für Mädchen können wir das Leben der Menschen im Dorf verbessern. Bildung verbessert das einkommen und damit das Leben der ganzen Familie“, resümiert Arif Minhas.
Bericht von Thomas Frey